Home
Tauchen
Reisen
Friends & Family
Wandern - TST
Mountainbike
Diverses
Kontakt

 

   
 

english version                                                                         Aktualisiert 28.09.2007
 

 Island - Kjölur Reittour -  4x4 Adventuretour - 25. August - 9.September 2007

220 km mit 1 PS von Norden nach Süden                                     Mehr Fotos von der Kjölurtour
                              Kjölur - der Film

Der diesjährige Pre-Ferien-Diät-Crash-Kurs hatte nichts mit dem Badeanzug oder einer zwickenden Hose zu tun, sondern entsprang der Vorstellung in tiefbraune, traurige aber auch vorwurfsvolle Augen eines Ponys blicken zu müssen, das mich 220 km durch Island tragen sollte. Eine Herausforderung für den Rücken des Tieres und meine direkte Verlängerung davon.

 Die Zuteilung vor Ort brachte mehr Klarheit, max. Zulassung pro Tier liegt bei ca. 100 kg, wovon ich glücklicherweise noch einiges entfernt bin. Ausserdem heisst das Tier nicht Pony sondern ist ein Pferdezwerg, denn schlussendlich handelt es sich dabei um wahrscheinlich eine der härtesten und artenreinsten Rassen der Welt (sorry Araber). Keine Satteldecke, kein leckerer Hafer, keine Ställe – gelobt ist was hart macht(e). Die Einfuhr von anderen Pferderassen ist strikt verboten und so kann auch keines, das einmal seinen Huf in ein fremdes Land gesetzt hat wieder zurückkehren. Die Angst vor Verweichlichung und Krankheit ist zu gross und dementsprechend sind wir instruiert nur neue/gewaschene Kleidung mitzubringen. So stehen wir, eine 13köpfige gut desinfizierte, international zusammengewürfelte Gruppe von Pferdeflüsterern jeden Alters mit unterschiedlichem Meilenstand unter dem Sattel, am ersten Tag mehr oder weniger zuversichtlich vor dem Corral. Uns verbindet der Wunsch Island in sechs Tagen von Nord nach Süd auf sechs Beinen zu durchqueren, (wobei die eigenen möglichst wenig benutzt werden sollten) und einer recht früh entdeckten gemeinsamen Abneigung gegen das Schafsaroma, des als erstes serviertem Iceland Stew.

 Insgesamt gehen ca. 90 Pferde auf Tour, nur einige davon werden für Tragearbeit herangezogen, für den Rest geht es einfach nur nach Hause, diese Tour ist die letzte der Saison. Auf Kurs gehalten werden wir und die Herde von insgesamt ca. 8 Guides, die dafür sorgen sollen dass wir alle heil über die Hochebene des Kjölur kommen.

 Jeweils mittags werden die Pferde ausgetauscht, Ersatzreiter gibt es aber keine, was mir im Verlauf der Woche dann mein Allerwertester (und damit meine ich nicht meinen Mann) doch ziemlich übel nimmt.

 Die Landschaft ist schlicht atemberaubend schön und fremdartig, Steinwüste auf der Hochebene soweit das Auge reicht, für Tage keine Strasse, kein Auto, kein Haus, nur Berge die sich gletscherbedeckt links und rechts erheben, irgendwie erinnert mich das Ganze an eine Hochebene in Nepal, - eine gute Alternative für Höhenkranke. Geschlafen wird mehrheitlich in Mehrbettzimmern, bzw. Schlafsälen in Berghütten, was die Pflege der besonders strapazierten Körperteile manchmal etwas erschwert, sonst aber viel Spass bringt.

 Das Wetter ist mehrheitlich freundlich und schön, doch etwas Regen gehört dazu und wir können uns bei unseren sechs bis siebenstündigen Ritten gut vorstellen wie hart das Leben der Menschen war, die diese Hochebene durchquerten, bevor es Jeeps mit Sitzheizung gab. Legenden über erfrorene Brüder, Hirten und Schafe machen die Runde und die Sagen über Guides die ihre erschöpften Mitreisenden mit einem Messer und der Drohung „ich lasse in dieser Wüste nichts Lebendiges zurück“ zum Weitergehen motivierten. Eine Liebesgeschichte über einen der vielen Gesetzesbrecher, der hier in der Hochebene Zuflucht suchte und dessen Geliebte ihm in eine Höhle folgte ist nur solange romantisch, bis das Wiegelied angestimmt wird, mit dem sich die beiden von ihren Nachwuchs durch Aussetzen in Gletscherspalten trennten, um wenigstens das eigene Überleben zu sichern. Gelobt sei, - was hart macht(e).

 Es geht flott voran, dank fünf Gangarten die wir unterschiedlich gut beherrschen bewältigen wir die 40 km meist in ca. sechs Reitstunden. Ausfälle sind Gott sei Dank keine zu verzeichnen, nur Bill, unser sanfter Brite mit dem rabenschwarzen Humor unterhält uns mit vier „unconventional dismounts“.

 Lavafelder, Geröllhalden aber auch fruchtbare Täler, die sechs Tage gehen erschreckend schnell vorbei, kurz nachdem der Tölt einigermassen klappt und the „Backside“ nur noch dumpf schmerzt, heisst es Abschied nehmen von Ross, Guide und einer tollen Truppe, der dann entsprechend emotional ausfällt. Über unsere Mitreiter, die liebenswürdigen Gastgeber, unser süsse, kompetente Guide Austa, das tolle Farewell Dinner können wir nur schwärmen.

2500 km mit 320 PS rund um die Insel                                     Mehr Fotos von der Offroad Tour
Offorad - the movie

 Für die zweite Woche wird die Gesamtanzahl Pferdestärken nochmals erheblich gesteigert, von 90 auf ca. 320. Der Hummer H2, den sich Peter für die Woche als Transportmittel ausgesucht hat steht in jeder Beziehung für ein absolutes Gegenwicht zur ersten Woche. Riesig, protzig, wuchtig, - es ist mir ja schon fast etwas peinlich. Bei einem Benzinpreis von 2.50 Fr./Liter wird schnell klar warum sich das Modell nicht flächendeckend durchgesetzt hat. Im Hochland kommt dann allerdings doch noch Fahrspass auf, wir fahren hunderte von Kilometern über Wellblechpisten, Schotterstrassen, Schlagloch- bzw. Pfützenwege, durch Wind- und Sandstürme, die bei uns wohl genug Stärke hätten um Wälder wegzufegen, doch diese gibt es hier ja seit den Wikingern nicht mehr. Grundsätzlich sind weite Landstriche geprägt von Oekokatastrophen vergangener Jahrhunderte, nahezu kompletter Abholzung, totaler Bodenerosion, Lavaströmen und Geröllhalden die von Gletscherflüssen ins Tal getragen wurden; Das wunderschön zu finden klingt auf den ersten Blick fast wie beim Wort „Klimaerwärmung“ den Liegestuhl hervorzukramen. Aber genau diese „Verwüstungen“ machten das Land so spannend, rau, stark, vielseitig, fremdartig, abenteuerlich, herausfordernd, einfach unvergleichbar.  In einer der Hochebenen bei Askja wurden die Mondfahrzeuge von Neil Armstrong und Buzz Aldrin getestet, die Verhältnisse hier müssen wohl denjenigen auf unserem Trabanten am meisten ähneln.

 Peter gleicht einem Kind, das bei Regenwetter in den Gummistiefeln raus darf, wenn er durch die Pfützen und Flüsse brettert. Unser Fahrzeug nimmt schnell Tarnfarbe an und der Lichteinfall durch die Fenster wird immer weniger.  Apropos Dreckspatzen, - einer Sage nach wollte Gott Eva’s Kinder besuchen, Eva zeigte ihm jedoch nur die sauberen, die ungewaschenenen versteckte sie. Gott zeigte sich darüber so erzürnt dass er/sie beschloss dass von nun an diese Kinder niemand mehr sehen sollte, - sie wurden zu den Elfen, die im Land allgegenwärtig sind, in Felsen leben, sich aber nur zeigen wenn sie es selbst wollen.  Persönlich hatte ich sie mir ja eher als schwirrende kleine Glitzerwesen vorgestellt, aber anscheinend handelt es sich dabei um kleine Glitzerwesen mit Gummistiefeln. Gezeigt hat sich uns leider aber keine einzige. Eine andere hübsche Geschichte finde ich diejenige, in der ein Farmer, dessen Bauernhof „England“ heisst auf die Frage nach der Herkunft des Namen antworte: „England liegt nicht nur in Kopenhagen“. Noch Fragen?

 Was lernt man auf so einer Reise noch alles: Eine topfebene Hochebene birgt gewisse Probleme, wenn man pinkeln gehen möchte, was dann die Jungs bei starken Wind mit, Mädels hingegen gegen Windrichtung tun sollten. Die hohen Preise machen die Übernachtung in Jugendherbergen und einfachen Guesthouses empfehlenswert und dass ein Glas Wein (187 cl für 15.—Fr.) ganz besonders schmeckt, selbst wenn es aus dem Tetrapack kommt. (Generelle Faustregel, Essen, Trinken und Schlafen ist hier ca. doppelt so teuer wie in der eben auch nicht günstigen Schweiz) Wir lernen unzählige Sagen und Geschichten, die Abstammung jedes einzelnen Isländers ist bis zurück in die Wikingerzeit dokumentiert. Stolz ist man auf seine Abstammung und sein Land, schlussendlich hat man sogar Amerika entdeckt (Leifr Eiricsson war schon vor Kolumbus dort, hat aber nach kurzem Aufenthalt die eigene Insel wieder vorgezogen). Die Insel liegt ja eben auch auf den beiden Kontinentalplatten und bildet so eine Brücke zwischen den Kontinenten.

 Reykjavik zeigt uns dann noch eine ganz andere Seite des Landes, ziemlich trendy und hip, wir sind platt, mit welcher Gleichgültigkeit gegenüber Preisniveau, Kälte, Regen oder Wind hier ein Designerkleid nach dem anderen durch die Strasse wandelt.

 Nicht immer sollen sich Träume erfüllen, da die Realität selten an die Erwartungen herangelangt. Für den langgehegten Wunsch nach Island zu gehen, gilt dies aber sicher nicht, unsere Erwartungen wurden in jeder Hinsicht übertroffen.

 Ach und da war da noch: Der kleine Sieg der amerikanischen Autoindustrie, als Peter bei der Abgabe unseres Mega-Amis noch kurz einem kleinen Toyota den Kühlergrill eindrückt und damit unserem westlichen Kollegen zumindest für einmal zu einer kleinen Rache an den fahrenden Reisschlüsseln verhilft. 

 

Gebucht bei Helvetic Tours, Volkiland, 044 947 50 60 oder Reittour direkt bei Pferd+Reiter.