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Aktualisiert 03.03.2007
Arizona - Hassayampa River Working Ranch (Williams
Family Ranch) - 17.- 24. Februar 2007
She is listening to
Honey, he is listening to dammed
Nachdem wir die Ferienunterlagen unserer
Reitferien inklusive eines Reiseberichts erhalten hatten, überlegte
ich mir ob ich mich mit einem einfachen Treppensturz aus der Affäre
ziehen soll. Was da so ein Möchtegern Cowboy in euphorischen Worten
beschrieb, war so gar nicht das was ich mir unter einem romantischen
Reiturlaub zu zweit vorgestellt habe und mal ganz ehrlich, wenn ein Midvierziger entzückt über seine Erfahrungen beim Kälberkastrieren,
Klapperschlangen und Spinnen so gross wie Handteller totschlagen
berichtet, befürchte ich, dass er etwas zuviel Winnetou in seiner
Jugend gelesen hat und nicht weiss das Karl May es bis dahin noch
nicht einmal nach weiter westlich denn Köln geschafft hat.
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Anyway, Peter ist da, die Welt ist wieder in
Ordnung und dass auch mein Gönnergatte besorgniserregende Cowboy
Stimmung verbreitet, ignoriere ich erst einmal. Wir fliegen vom
bitterkalten New York ins ca. 3000 km frühlingshafte warme Phoenix.
Am Flughafen erwartet uns Bill, mit Cowboyhut, Tattoo, einer wilden
Geschichte über seine Cherokee Abstammung und einem noch wilderen
Fahrstil bringt er uns nach Wickenburg, wo uns dann Carol, die Frau
des Ranchers in Empfang nimmt. Die Fahrt von Wickenburg ins nur 20
km entfernt gelegene Ranchhaus dauert dann nochmals mehr als eine
Stunde, der Weg dorthin ist so schlecht, dass es einen Vierrad und
angesichts der schmalen Weges auch ein bisschen Vertrauen in die
Fahrkünste von Carol braucht. Die Ranch selbst ist sagen wir mal
*original*, ein mehr als einfaches Farmhaus, dass über die Jahre
diverse Anbauten hinnehmen musste, ein noch einfacheres Bunkhouse,
in dem nicht nur die Gäste sondern auch all die alten Möbel
untergebracht werden, diverse alte Schuppen die ein Sammelsurium an
zum grössten Teil unbrauchbaren Werkzeugen und Ersatzteilen
beherbergen und ein gutes dutzend schrottreifer Busse und Lastwagen
die hier aus nicht nachvollziehbaren Gründen gelagert werden. Hunde
aller Alterklassen tummeln sich ums Haus, unten am Corral stehen ca.
30 Pferde und ein paar wenige Kühe zwischen den Felsen und den
Kakteen. Es gibt kein Telefon und keinen Handyempfang und der Strom
kommt vom Generator. |
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Wir sind nebst einem Deutschen der dort für länger sein Lager
aufgeschlagen hat die einzigen Gäste und Roy der im wahrsten Sinne
des Wortes Herr des Hauses begrüsst uns so wie man sich dass von
einem 76jaehrigen Cowboy vorstellt, tiefe Stimme, rau und herzlich.
Er sei Grandpa, ich sei Honey und Peter höre von nun
auf auf Damned. Pete Joaquim, ein 'alter' Freund des Hauses ist zu
Besuch, der dann mit seiner Gitarre und ein paar Cowboyliedern die
Abendunterhaltung übernimmt. Irgendwann in den 50zgern hatte er wohl
mal eine eigene Fernsehsendung und die tragischen Geschichten über
totgetrampelte, -geschossene, -gehängte Cowboys gibt uns ein
Wildwestfeeling der Jahrhundertwende. Um ihn zu beeindrucken gebe
ich meine Weisheiten über Johnny Cash bekannt, aber ich lerne das
dieser 'RocknRoller' das wirkliche amerikanische Gesangsgut nicht
beeinflusst hat und dass der Film Brokeback Mountain über schwule
Cowboys, ja wohl eine Erfindung Hollywoods sei, solche Typen hätte
man wohl eher erschossen. |
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Vor jedem Essen wird gebetet und bei jeder
Arbeit mit den Kühen geflucht. Die Ausritte in den nächsten Tagen
mit Roy und Pete führen erst über schmale und dann über gar keine
Wege mehr, zwischen Kakteen und Dornenbüschen durch felsiges und
steiniges Terrain, mein Pferd mutiert zur Bergziege. Ich motiviere
mich selbst mit der Erkenntnis, wo zwei Mid-Siebziger durchkommen
komme ich auch durch. Das klappt allerdings nur bis wir den
sogenannten Hometrail benutzen, exciting nennt ihn Carol, ich würde
es eher als Genickbrechertrail beschreiben, mein Pferd hüpft von
Felsplatte zu Felsplatte, auf einem schmalen Pfad, rechts geht es
steil in die Schlucht, links immer dicht an der Wand entlang, ich
versuch mir vorzustellen, wie meine Bergziege reagiert wenn jetzt
einen Klapperschlange unter einem der Felsen hervor kriecht, was
meine Anspannung nicht wirklich verkleinert. Ganz üble Passagen
überstehe ich nur mit geschlossenen Augen und während ich
stellenweise versuche mich an die Gebete meiner Jugend zu erinnern.
In der Zwischenzeit hat unser Senior Cowboy ein paar Kühe am
Steilhang entdeckt, die er dann noch mit einem abenteuerlichem
Abstecher herunter und vor sich her jagt. Ich versuch mir auszumalen
wie wir ihn, mich oder das Pferd mit gebrochenen Knochen aus dieser
Wildnis bekommen, ein wirklich beruhigender Gedanke. Die Ausritte
der nächsten Tagen führen uns vorbei an alten Minen und Roy weiss
einige Geschichten über die Goldgräber, die weniger romantisch als
tragisch sind. Vor allem Chinesen wurden hier für 15 Cents Tageslohn
ausgebeutet, geschenkt wurde und wir hier wohl bis heute niemanden
etwas.. Am vierten Tag dann endlich auch echte Cowboyarbeit, wir
treiben eine Herde Kühe und Kälber von einer Wüstenweide auf die
nächste. Nicht nur, dass so ein 9 Stunden Ritt es gewaltig in sich
hat, auch die Kuhtreiberei hab ich mir irgendwie einfacher
vorgestellt, wo immer möglich schlagen sich die Viecher ins Gebüsch
bzw. Ins Dornengestrüpp und es braucht viel 'iiiiaaaahhhs'
und einige atemberaubende Galoppaden von Roy durch die Steine um sie
da wieder herauszubekommen. Hier in der Wüste versucht dich
alles zu stechen, zu beissen oder zu kratzen, meint Roy Die
Mutterkühe greifen immer wieder die Hunde an, was dann besonders
prickelnd ist, wenn der Hund sich dann schnell mal hinter dem Pferd
versteckt. Immer wieder teilen wir uns auf Peter und Pete versuchen
noch ein paar weitere Junggesellen einzufangen, aber ausser einer
erfolglosen aber abenteuerlichen Verfolgungsjagd, von dem mein
Mann mit glänzenden Augen heimkommt wird daraus nichts. Absteigen
geht gar nie, getreu dem Motto *wo mein Pferd nicht mehr
runterkommt, gehe ich zu Fuss auch nicht hin….
Das Gefühl unsere kleine Herde dann am Abend
ins Corral zu treiben ist unbeschreiblich…..fühlt sich verdammt gut
an……damned…
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Am nächsten Morgen dann aussortieren der
kleinen Kälber, sie werden gebrandmarkt und die Ohren zwecks
besserer Fernerkennung in eine neue Form geschnitzt. Die Kälber
geben ihr Bestes und so wird das ganze eine anstrengende, blutige
und mit herzerweichenden Geschrei der Kälber erfüllte Geschichte.
Immerhin fällt das Kastrieren heute aus, - bin ganz froh, die
Kälberhoden seien eine Delikatesse und mir ist ohne das schon etwas
übel.
Am nächsten Morgen dürfen die meisten Kälber
und Mütter wieder auf die Weide, nur eines bleibt zurück es
soll in den nächsten Tagen geschlachtet werden und sein Gebrüll und
irgendein Vieh in der Wand und auf dem Dach hält mich die nächste
Nacht wach.
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Nach einer Woche ist unser Ranchleben vorbei. Ich bin
erstaunlicherweise traurig jetzt zu gehen, ich hätte es sicher noch
bis einen Tag vor dem Bullenschlachttag ausgehalten. Wir sind beide
beeindruckt von der Einfachheit, Zufriedenheit und Natürlichkeit mit
der sich unsere beiden Gastgeber den schwierigen Gegebenheiten
stellen. Etwas enttäuscht, dass ich nun nicht wenigstens eine
einzige Klapperschlange gesehen habe, fliegen wir heim, 'City
Slickers advanced' und ein bisschen näher an der Antwort zur Frage,
'there is only one important thing in life, but you have to find it
out on your own!'
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Gebucht bei
Helvetic Tours, Volkiland, 044 947 50 60.
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Equitour.
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