06. - 13. Juli 2013
Karpaten – Rumänien
Es gibt sie doch,
die Blutsauger…
Was wir über Rumänien, die Karpaten und
Transsilvanien bisher wussten? Um ehrlich zu sein, nicht viel, - in
etwa das was man im „Tanz der Vampire“ so über Land und Leute
erfährt, - Blutsauger, dichte Wälder und ländliche Gegend und
beeindruckende Schlösser.
Dass es uns dieses Jahr für ein Reittrekking
doch dorthin gezogen hat, war also weniger ein lang gehegter oder
gut geplanter Wunsch sondern liegt an der rumänischen Abstammung
unserer österreichischen Reitkolleginnen, - wir haben miteinander
Indien und Georgien „be(st)ritten“, da sind wir auch zum dritten Mal
gerne mit dabei.
Der Flug nach Bukarest ist überschaubar, nach
etwas über zwei Stunden landen wir in der Hauptstadt. Von dort sind
es mindestens 5 Stunden mit dem Auto, wenigstens wenn man wie wir
die rumänische Antwort auf Sebastian Vettel hat. Die Fahrt ist
trotzdem einigermassen kurzweilig, - die weite Ebene, weit am
Horizont die Ausläufer der Ostkarpaten. Trostlose Satellitenstädte
mit Plattenbauten wechseln sich mit touristischen Orten und
ursprünglichen Dörfern mit Pferdekutschen ab. Die letzte Stunde mit
dem Jeep über einen Waldweg hoch in die Berge, wo uns eine
wunderschöne Berghütte, ein sympathischer Guide, unsere
Reitkolleginnen und eine der wunderschönsten Landschaft erwarten.
Ausserdem gibt es reichlich freundliche Hunde und 17 Lippizanermix
jeder Altersklasse. Uns fällt auf wie neugierig, zutraulich und
ausgeglichen die Herde ist, - so haben wir es noch nie gesehen.
Am nächsten Morgen geht es auf unser 6tägiges
Reittrekking, - das Umpacken der Kleidung und Schlafsäcke in
Packtaschen, die Beladung des Packpferdes und das Füttern und
Satteln, alles komplett entschleunigt. Stunden später, - der Ritt
führt durch dichte Wälder über sanfte Hügel, paradox,
landschaftlich erinnert mich das alles ein bisschen an den Jura oder
Schwarzwald. Die Hitze des Vormittags entlädt sich in einem heftigen
Gewitter, ein Wetterphänomen das sich in den nächsten Tagen
regelmässig wiederholt.
Unsere erste Nacht verbringen wir im Zelt nahe
einer grossen Viehherde - ein dutzend Jungpferde, 500 Schafe und
rund 50 Kühe -, die von einigen Schäfern bewacht wird. Sie zeigen
uns stolz die Zubereitung ihres wirklich guten Käses. Neben dem
Käsen gehört die Überwachung der Tiere in der Nacht zum Schutz gegen
Bären und Wölfe zu ihren Aufgaben. Geht ein Tier verloren, wird es
den Schäfern vom Lohn abgezogen. Wie notwendig diese Überwachung
ist, erfahren wir gleich in der ersten Nacht. Die Hunde der Schäfer
melden nach dem Eindunkeln, die Anwesenheit eines Bären, den die
Schäfer mit ihren Peitschen und den Hunden zu vertreiben suchen, -
blöd nur, jetzt bewegt er sich in unsere Richtung, worauf unser
Guide nun im Gegenzug, die ganze Nacht am Feuer sitzt, um uns und
die Pferde zu bewachen. Ein Gewehr hat niemand, aber nun wird der
Zweck der langen Schäferpeitschen klar, das knallt auch, aber damit
läuft man weniger Gefahr sich nachts auch nach ein paar Tuika sich
gegenseitig schwer zu verletzen. Unsere Pferde weiden bis auf 2-3
Tiere, die angebunden werden, die ganze Nacht frei, - auch das ein
Novum. Am Morgen werden wir durch die Tiere geweckt, die schnaubend
ganz nahe um unsere Zelte grasen. Wir sind immer wieder erstaunt,
wie brav sie sich einfangen lassen, überhaupt keines der Tiere ist
schwierig oder bedarf besonderer Vorsicht.
Am zweiten Tag sind wir mitten im Harghita Gebirge, wieder wechseln sich dichte Wälder mit
wunderschönen Magerwiesen. Ein Bild das wir nur noch vereinzelt von
Alpwiesen kennen, hier blühen Margeriten, Schafgarbe, Fingerhut,
wilder Thymian, Minzen und vieles mehr. Unser Guide kocht in einem
Topf eine Polenta mit den Steinpilzen und Pfifferlingen, die überall
wachsen. Wir hören unweit wieder Hunde und wieder berichten die
nahen Schäfer, dass die Kuhherde die sie hüten, einen Bären
angezogen hat, der aber unverrichteter Dinge abziehen musste. Aber
es zeigt uns wie gegenwärtig die Tiere hier sind – und warum unsere
Tour ‚Bärentrail‘ heisst. Grundsätzlich fühlten wir
uns sehr sicher,
aber nachdem es in der Nacht wieder geregnet hat, freuen wir uns
nach einem schönen gemütlichen Ritt auf eine Übernachtung in einer
Pension, mit sauberen schönen Doppelzimmern.
Der nächste Tag führt uns durch ein Szeklerdorf.
Die Szekler sind ein Volksstamm ungarischer Abstammung, deshalb wird
hier wie in der ganzen Gegend ungarisch gesprochen. Die Leute sind
zurückhaltend aber freundlich, das Dorf lang und der Ritt erstreckt
zwischen den verstreut liegenden Höfen über mehrere Stunden. Eine
Zeitreise, - auf den Felder arbeiten Menschen, die noch mit
Heugabeln und mit Pferdekutschen Heu einbringen, die Häuser sind
alle schön anzusehen, die Höfe aufgeräumt, ein bisschen wie ein Gang
durch ein Heimatmuseum. Wir übernachten in einem Mehrbettzimmer, bei
einer sehr netten Familie, mit angeschlossener Sägerei, die uns mit
einem guten und wie so oft ziemlich deftigen Essen und dem obligaten
Schnaps verwöhnt.
Noch ein gemütlicher Ritt, eine letzte
Übernachtung in einer abgelegenen Jagdhütte, dann steht schon unser
letzter Reittag mit 7 langen Stunden im Sattel auf dem Programm. Um
den Bremsen zu entgehen, sollten wir um fünf Uhr morgens aufstehen.
Aha, also nicht alle Blutsauger tragen schwarze Umhänge. Wir
durchreiten frühmorgens ein weites Tal, mit einer herrlichen
Moorlandschaft, die nebelverhangen nochmals ganz andere Eindrücke
bietet. Zum ersten Mal machen wir nun auch lange Galoppaden. Gegen
Mittag löst sich der Nebel auf und bringt die angekündigten
Plagegeister nun doch noch zum Erscheinen. So sind wir froh als der
Weg wieder ansteigt und wir unseren Ausgangspunkt auf dem Berg
wieder anvisieren. Oben empfängt uns die übrige Herde, freundlich,
unaufgeregt. Am nächsten Morgen nehmen wir Abschied, von der schönen
Landschaft, von den Freunden, unser Guide fährt uns noch zum
Flughafen, - offensichtlich hat meine Reklamation über den
Rennfahrer des Hinwegs gefruchtet, die beiden gondeln uns gemütlich
nach Bukarest, wo wir gerade mal 10 Minuten vor dem Check-in Schluss
ankommen und damit am Schluss unserer Ferien zur vertrauten Hektik
zurückfinden.
Alles in allem eine tolle Woche. Wer schnelle
Ritte und Vollservice oder Komfort erwartet, wird diese Reise nicht
schätzen. Wer aber sehr gemütliche Ritte durch Wälder und Wiesen
geniesst, gerne fernab der Zivilisation reist, gerne auch mal etwas
mit anpackt und mit den einfachen Unterkünften und dem einfachen
Essen gut klarkommt, erlebt eine Zeitreise in ein Land, dass sich
fremd und trotzdem nie ganz unvertraut anfühlt.
Fazit: Rumänien, hier ist nicht nur Dracula ein
Mythos..
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